9. November 2019

Preisentwicklung gebremster Wohnungen

Hintergrund

Im Jahr 2015 wurde die sogenannte Mietpreisbremse in einigen Bundesländern eingeführt. Ziel der Maßnahme war es, den Preisanstieg von Neuvertragsmieten in prosperierenden Städten einzudämmen, so dass das Wohnen in diesen Städten auch für Haushalte mittleren und niedrigen Einkommens erschwinglich bleibt. So dürfte jedenfalls der Gesetzesentwurf  zum entsprechenden Mietrechtsnovellierungsgesetz zu verstehen sein. ZEIT ONLINE hat empirica regio gebeten, die Preisentwicklung von neu inserierten Mietwohnungen seit Einführung der Mietpreisbremse in ausgewählten Städten zu untersuchen. Bei der folgenden Auswertung handelt es sich allerdings nicht um ein umfassende Untersuchung zu den Effekten der Mietpreisbremse, sondern lediglich um eine ad-hoc Auswertung der Angebotsmieten einzelner Städte.

Auswertung

Seit Einführung der Mietpreisbremse dürfen neu vereinbarte Mieten in Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten die lokale Vergleichsmiete (Mietspiegel) nur noch um maximal 10% übersteigen. Ausgenommen davon sind umfassend modernisierte Wohnungen und jene, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 bezogen wurden. Auch Wohnungen, die zeitlich befristet vermietet werden, sind nicht von der Maßnahme betroffen. Die Neuvertragsmieten dieser unkontrollierten Wohnungen können weiterhin frei verhandelt werden. Die folgende Auswertung beschränkt sich dagegen nur auf die “gebremsten” Wohnungen.1 Außerdem wurde der untersuchte Zeitraum so normiert, dass für jede Stadt sechs Halbjahre vor jeweiliger Einführung der Mietpreisbremse und sechs Halbjahre danach vorliegen.

Quelle: Berechnungen durch Lorenz Thomschke, empirica regio (Basis: VALUE Marktdaten )

Anmerkungen

Die dargestellte Entwicklung der untersuchten Angebotsmieten legt nahe, dass es keine gravierenden Einfluss der Reform auf die Preisentwicklung gab. Allenfalls zwischen dem Halbjahr vor und nach Einführung der Mietpreisbremse gibt es in den meisten Städten einen moderaten Rückgang der Mietpreise. Bei der Auswertung handelt es sich allerdings um eine rein deskriptive Analyse, die keine direkten Rückschlüsse auf die kausalen Effekte der Reform zulässt. Für eine kausalanalytische Evaluation müsste man die betroffenen Wohnungen in einer Welt beobachten können, in der die Mietpreisbremse gilt und dieselben Wohnungen gleichzeitig in einer Welt, in der sie nicht gilt. Nur dann ließe sich treffsicher feststellen, wie sich die Maßnahme entfaltet. Diesen Zustand gibt es aber schlicht nicht und so bleibt stets unklar, ob ein Rückgang der Neuvertragsmieten tatsächlich auf die Mietpreisbremse zurückgeführt werden kann oder ob nicht andere — von der Mietpreisbremse losgelöste Umstände – den Preisrückgang hervorrufen.

In der empirischen Sozialforschung gibt es es jedoch verschiedene Methoden, um die Effekte einer derartigen Reform trotzdem zu quantifzieren. Studien auf Basis dieser Methoden kommen – anders als die oben dargestellte Preisentwicklung vermuten lässt – einhellig zu dem Schluss, dass die Reform eine preisdämpfenden Effekt hatte. Wenngleich dieser preisdämpfende Effekt insgesamt relativ klein ausfällt.2

Die Evaluation wird zudem durch eine Ausnahmeregelung erschwert. Denn auch nach Einführung der Mietpreisbremse darf die Neuvertragsmiete von formal gebremsten Wohnungen stets bis zur Höhe der vom Vormieter gezahlten Miete angehoben werden. Es gibt in Deutschland aber keine aussagekräftigen Datensätze zur Höhe der Vormieten, aus diesem Grund bleiben die legale Miete und damit die potentiellen Effekte der Reform stets unbekannt. Im Übrigen verraten aber auch preisdämpfende Effekte wenig darüber, ob davon tatsächlich auch die beabsichtigte Zielgruppe profitiert: Haushalte mittleren und niedrigen Einkommens.

Kurzum, eigentlich weiß man erstaunlich wenig.


  1. Die Zuordnung erfolgte analog der Abgrenzung von Thomschke (2019 ) ↩︎

  2. Siehe beispielsweise die lesenwerte Studie vom DIW (2018 ) oder Thomschke (2019a ). ↩︎